Zur Hauptnavigation springenZum Hauptinhalt springen

persönlicher Kommentar

Energiewende in Bayern gemeinwohltauglich gestalten

Kommentar unseres ÖDP-Landtagsdirektkandidaten Peter Sturm

Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet als Folge des Ukrainekriegs eine deutliche Beschleunigung beim Ausbau Erneuerbarer Energien. In den kommenden Jahren werden laut IEA-Generaldirektor Fatih Birol so viele neue Kapazitäten geschaffen wie in den vergangenen 20 Jahren zusammen (Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Dezember 2022). Nach einer aktuellen Untersuchung der IEA werden Solarenergie, Windkraft und andere Erneuerbare Energien Kohlekraftwerke im Jahr 2025 als größten Stromerzeuger auf der Welt überholen. So will die EU-Kommission mit ihrem Programm RePowerEU mehr Geld in grüne Energien lenken. Die Vereinigten Staaten wollen dies mit dem im Sommer verabschiedeten Inflation Reduction Act erreichen. Doch was machen CSU und Freie Wähler in Bayern?

Energiepolitischer Blindflug der letzten zehn Jahre gefährdet die Versorgungssicherheit Bayerns

Zuerst einmal machte sich die CSU – seit den letzten Jahren im Verbund mit den Freien Wählern – bundesweit lächerlich. So stellt die unabhängige Tageszeitung TAZ mit Sitz in Berlin fest, wie Deutschland mit einer CSU-Regierung (Abbildung mit der bayerischen 10h-Regelung) und einer Niedersächsischen Regierung aussehen würde:

(Quelle: TAZ Infografik Dezember 2022)

Dabei wird deutlich: Die Energiewende in Bayern wurde politisch aktiv behindert. Die CSU hat mit Einführung der 10h-Regelung die Rahmenbedingungen für Windkraft und Bürgergenossenschaften so sehr verschlechtert, dass die Welle von Neugründungen fast zum Erliegen kam. Zudem verweigerte der bayerische Ministerpräsident Seehofer 2014 einer "SuedLink"-Trasse die Zustimmung, die bis 2022 Windstrom aus dem Norden nach Bayern bringen sollte. Die CSU setzte weiter auf Gaskraftwerke und billiges Russengas, trotz des bereits seit 2014 sich abzeichnenden Ukrainekriegs. Die Folgen dieser Vogel-Strauß-Politik bedroht die Versorgungssicherheit Bayerns. Im Wahljahr 2023 folgen nun populistische Schnellschüsse irgendwo irgendetwas hinzubauen. Ein leuchtendes Beispiel ist der geplante gigantische Windpark an windschwachem Standort im Chemiedreieck Burghausen. Selbst Wirtschaftsminister Aiwanger (FW) gesteht ein, dass die geschätzten Kosten von 240 Millionen Staatsmittel in einer aktuell als Wind-Ausschlussgebiet eingestuften Region anfallen würden. Es ist ein Zeichen von Planlosigkeit und Ignoranz eines bayerischen Wirtschaftsministers, wenn er dieses Gebiet dennoch „mit hoher Priorität“ als Windgebiet einstufen will (Wirtschaft in Burghausen, 14.12.2022). Der Fall zeigt, dass professionelles Krisenmanagement von CSU/FW nicht zu erwarten ist. Auf europäischer Ebene hat immerhin der Regierungswechsel in Berlin 2022 ein “Erneuerbaren Booster” in Brüssel ermöglicht, der durch CSU/CDU viel zu lange verhindert wurde.

Ehrliche Fakten statt Zahlentrickserei

Den Aussagen von Bund und Ländern, dass vor allem Bayern ein Problem bei der Energieversorgung habe, setzte Ministerpräsident Söder (CSU) Daten zum Ausbau der erneuerbaren Energien entgegen. Bruno Burger, Professor am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg (ISE) stellt der Zahlentrickserei des bayerischen Ministerpräsidenten Fakten gegenüber: Bayern ist flächenmäßig das größte deutsche Bundesland und rutscht bei der "Installierten Leistung der erneuerbaren Energien pro Quadratkilometer" klar ab: auf Rang 9 der 13 deutschen Flächenländer. Zudem entspricht die Installierte Leistung nie der tatsächlichen Leistung. Bei Windkraft ist Bayern klares Schlusslicht! Bezogen auf die Fläche belegt Bayern bei der Windkraft unter allen Bundesländern, mit nur 36 Kilowatt pro Quadratkilometer, den letzten Platz. 2021 wurden in Bayern sechs neue Windkraftanlagen genehmigt. Zum Vergleich: Im etwa halb so großen und deutlich dichter besiedelten Nordrhein-Westfalen waren es 181. Hier ist Bayern bezogen auf die Landesfläche Schlusslicht beim Zubau. Bei Wasserkraft ist Bayern als wasserreichstes Bundesland stark, die Potentiale sind allerdings erschöpft. Damit liegt Bayern bei der Energiewende in Relation zur Fläche im hinteren Mittelfeld!

ÖDP: Gemeinwohl und Energiewende zusammenbringen

  • Die Zukunft der Energieversorgung ist dezentral und erneuerbar. Gerade jetzt ist es entscheidend, dass die Menschen nicht nur Teil der Energiewende werden, sondern auch davon profitieren. Die dezentrale Erzeugung erneuerbarer Energien bietet auch Normalverdienern eine sichere und attraktive Geldanlage, hält die Wertschöpfung in der Region und ermöglicht damit einen nachhaltigen Wandel von unten! Weitere Vorteile des dezentralen Ansatzes: hohe Akzeptanz, eine gute Kommunikation und Vertrauen, das aus gegenseitigem Verständnis resultiert. Der Stromverkauf an Nachbarn oder innerhalb eines Stadtquartiers muss unkompliziert und lohnenswert sein, damit Kleinerzeuger zu Akteuren am Strommarkt werden.

  • Frischer Wind für die Windkraft – Bürgerenergiegenossenschaften sind Beispiele gemeinwohlorientierter Wirtschaft. Windanlagen finden mehr Unterstützung, wenn viele Bürger*innen auch finanziell von ihnen profitieren. Das ist auch dringend nötig, denn Erneuerbare Energien sollen bis 2030 einen Anteil von 80% am Bruttostromverbrauch ausmachen. Gleichzeitig soll bei Mobilität und Gebäudewärme immer mehr elektrifiziert werden. Dies geht nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Wirtschaft und Zivilgesellschaft, Bürger*innen und Staat. Erneuerbaren-Vorreiter Dänemark zeigt, dass der Ausbau von Wind an Land besonders gut durch Bürgergesellschaften klappt. Bürgerenergie-Gesellschaften sind auch Beispiele von Demokratie in der Wirtschaft, bei dem viele Anteilseigner*innen am Boom der Erneuerbaren teilhaben.

  • Das große Potential der Solarenergie nutzen. Am meisten trauen die Energiefachleute der Internationalen Energieagentur der Solarenergie zu, hier soll sich die installierte Leistung bis 2027 global annähernd verdreifachen. Trotz gestiegener Preise für Photovoltaikanlagen bleiben laut IEA große Solarparks in vielen Ländern die kostengünstigste Lösung für die Schaffung neuer Stromerzeugungskapazitäten.

  • Stromnetze rasch ausbauen und zusammen mit dezentraler Energieversorgung sicherstellen – Unzureichender Ausbau der Stromnetze in Bayern bremst die Wende

Die Versorgungslage ist in Bayern gegenüber anderen Bundesländern deutlich kritischer. Obwohl die Abschaltung der Atomkraft seit 2011 bekannt ist konzentrierte sich die CSU-Politik auf die Behinderung der Erneuerbaren Energien. Damit wurde der Freistaat mit seinem sehr hohen industriellen Strombedarf – er ist mit über 90 TWh zweitgrößter Stromverbraucher nach NRW – in eine energiepolitische Sackgasse manövriert.

Bayern ist keine Strominsel, der Austausch von Strom mit an uns grenzenden Regionen ist notwendig. Zukünftig wird es schon aus Gründen der Resilienz notwendig sein, dass billiger Windstrom aus den nördlichen Bundesländern und Energie von europäischen Nachbarn in gewissen Grenzen die Versorgung Bayerns sichern helfen. Dennoch benötigt Bayern eine Doppelstrategie, die eine dezentrale Energiewende stark fördert.

Unser Netz kommt schon heute, bei steigendem Anteil an Erneuerbare Energien an der Strommenge, deutlich an seine Grenzen. Immer häufiger führen die Netz-Engpässe zu Abregelungen bei EE-Erzeugungsanlagen und damit zu sinnloser Vergeudung von Strom. Die Gründe für die Abregelung sind meist die fehlenden Leitungskapazitäten, um Energie von den Niederspannungsnetzen und/oder dem Mittelspannungsnetz in das Höchstspannungsnetz transferieren zu können. Auch werden Windräder in windhöffigen Gebieten gebaut, die damit meist abgelegene Regionen zu Erzeugungsgebiete verwandeln. Die bisherigen Netze bzw. die Infrastruktur sind jedoch einseitig auf Bezug ausgelegt und nicht auf eine wirkliche Vernetzung und Integration von EE-Anlagen.

Die Energiewende wird gelingen, das Klima nachhaltig schützen und uns als Land nach vorne bringen, wenn wir alle mit anpacken! Dafür setzt sich die ÖDP politisch ein.

Autor/in:
Peter Sturm
Zurück

Wichtiger Hinweis:
Blogbeiträge stellen die persönliche Meinung einzelner Parteimitglieder dar. Diese kann in Einzelfällen von der Programmlage der Partei abweichend sein. Auch ist es möglich, dass zu einzelnen Themen und Aspekten in der ÖDP noch keine Programmlage existiert.